LG Kaiserslautern 23.01.2007 · 3 O 757/06 · n. v.
a. d. G. S. 4: „Schon die Prozessführungsbefugnis des vorläufigen „starken“ InsVw erscheint nach Auffassung der Kammer problematisch.
Der lediglich „schwache“ vorläufige InsVw, der der Antragsteller bei Eingang des Antrages noch war, ist, da die Aufgabe des nur vorläufigen InsVw in der Sicherung und Erhaltung der Insolvenzmasse, nicht aber in ihrer Mehrung besteht, grundsätzlich nicht prozessführungsbefugt zugunsten der Insolvenzmasse (vgl. LG Essen NZI 2000, 552 f.; HKInsO/Kirchhof, 4. Aufl., § 22 Rdnr. 58). Er ist dies nur ausnahmsweise dann, wenn er hierzu dem Insolvenzgericht ausdrücklich ermächtigt wurde und die Prozessführung seinem eben beschriebenen Aufgabenbereich entspricht, was erfordert, dass es sich bei der Prozessführung um einen Fall einer unaufschiebbaren Maßnahme handelt (vgl. OLG Stuttgart ZInsO 1999, 474 – zur Sequestration –). An den diesbezüglichen Beschluss des Insolvenzgerichts ist das Prozessgericht jedenfalls dann nicht gebunden, wenn tatsächlich keine unaufschiebbare Maßnahme vorliegt (OLG Dresden NJW-RR 1999, 699 f.; aA HKInsO/Kirchhof, a. a. O.).
Für den „starken“ vorläufigen InsVw kann nach Auffassung der Kammer im Ergebnis nichts anderes gelten. Zwar ist dieser grundsätzlich prozessführungsbefugt jedenfalls für die Aufnahme bereits laufender Aktiv- und Passivprozesse (vgl. BKInsO/Blersch, § 22 Rdnr. 3, 7, 9 <auf § 240 ZPO abstellend, der aber nur bereits rechtshängige Prozesse betrifft>; HKInsO/Kirchhof § 22 Rdnr. 43). Das besagt aber nicht, dass jeder neue Prozess auch darunter fällt.
Der „starke“ InsVw (§ 22 Abs. 1 InsO) entspricht nach seiner Konzeption in etwa dem früheren Verwaltungssequester (vgl. Pape NZI 2000, 289, 290 f.). Auch seine Aufgabe ist – wie die des vorläufigen InsVw generell – hauptsächlich die Sicherung und Verwaltung bis zur Entscheidung über die Eröffnung des InsVv, nicht hingegen die Führung von Prozessen zur Mehrung der Insolvenzmasse; dies soll grundsätzlich dem endgültigen InsVw vorbehalten bleiben (so auch die Begründung des LG Essen NZI 2000, 552 f.). Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof (NZI 2000, 420, 421) dem Sequester ein Prozessführungsrecht nur für Eilfälle zugestanden, da nur in diesen Fällen die Prozessführung dem Aufgabenbereich der Sicherung und Erhaltung entspricht. Dieser Aufgabenbereich ist aber auch bei dem „starken“ InsVw der gleiche. Es ist nicht Sinn der vorläufigen Insolvenzverwaltung (die zunächst lediglich der Sicherung und Erhaltung sowie der Prüfung der Eröffnung des InsVw dient), die im eröffneten Verfahren bestehenden, durch die InsO bewusst gestärkten Mitwirkungsrechte der Gläubiger durch Vorverlagerung von Verwertungs- und Realisierungsmaßnahmen in den Zeitraum vor der Eröffnung zu unterlaufen. Dementsprechend sollen Verwertungsmaßnahmen in diesem Stadium unzulässig sein, sofern sie nicht zur Sicherung des Schuldnervermögens unabdingbar sind (BKInsO/Blersch, a. a. O., Rdnr. 12). Nichts anderes kann für die Prozessführung gelten; auch diese ist nur zuzulassen, wenn sie dem generellen Aufgabenbereich des vorläufigen InsVw entspricht, also nur bei eilbedürftigen Prozessen. (Zur Problematik: Zöller/Philippi, ZPO, 25. A., § 116 Rdnr. 2 m. w. N.). Ansonsten ist sie dem endgültigen InsVw zu überlassen. An die diesbezügliche Einschätzung des Insolvenzgerichts ist das Prozessgericht jedenfalls dann nicht gebunden, wenn dieses hierzu – wie hier – keinerlei Ausführungen gemacht hat (vgl. OLG Dresden a. a. O.).“